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Oldenburg Aktuell



























                                                                                   Wie der Tod


                                                                                   eines Menschen


                                                                                   Kinder bewegt


                                                                                                                       © iStock.com/MariaDubova


       Plötzlich ist alles anders – TrostReich


       schenkt Kindern Raum und Zeit





            efühle, die wir so nicht kannten, bringen das eige-  zurückziehen. TrostReich begleitet sie auf ihrem
            ne Leben und das der ganzen Familie durchein-    individuellen Weg. Der Umgang mit den betroffenen
      Gander. Vielleicht sind wir sehr traurig, verzweifelt,   Kindern und Jugendlichen sowie ihren Angehöri-
       wütend, erleichtert oder haben Angst. So geht es täg-  gen ist geprägt von Empathie und Wertschätzung
       lich vielen Kindern, Jugendlichen und uns Erwachsenen.   sowie der Wahrnehmung ihrer Einzigartigkeit. Der
                                                             Charakter dieser Arbeit wird präventiv gesehen.
       „Ich war neun Jahre alt, als mein Vater plötzlich starb
       und meine Kindheit vorbei war. Aber das habe ich zu   Das Konzept
       diesem Zeitpunkt nicht bewusst wahrgenommen und
       ja auch nicht können“, so Hille Ballin, Mitbegründe-  14-tägig treffen sich die Trauergruppen, in denen
       rin von TrostReich. „So habe ich früh kennenlernen    ähnliche Schicksale von den Kindern wahrgenommen
       müssen, wie es auch heute noch trauernden Kindern     werden und wodurch sie sich angenommen, geschützt,
       ergeht. In der Schule, im Freundeskreis, überall fühlen   zusammengehörig und gestärkt fühlen dürfen. Der
       Kinder sich als Außenseiter. Bei uns finden sie gleich   Rahmen des jeweiligen Gruppennachmittags gestal-
       Betroffene und können die eigene Trauer zulassen und   tet sich immer gleich, um den Kindern das Gefühl von
       dann nach und nach erfahren – der Tod gehört zum      Sicherheit zu vermitteln. TrostReich startet mit einer
       Leben dazu. Das war meine Motivation, mich dieser     Begrüßungsrunde, in der jeder etwas zur verstorbe-
       Aufgabe zu stellen und sie zu leben. Kinder trauern   nen Person sagen oder auch einfach nur still zuhören
       anders als Erwachsene, wir bieten Kindern und Jugend-  darf. Kinder drücken ihre Trauer oft auf andere Weise
       lichen einen geschützten Raum für ihre ganz indivi-   aus, lautstark durch toben, boxen, kickern, aber auch
       duelle Trauer“, erzählt Hille Ballin nachdenklich und   leise mit basteln, malen oder (vor-)lesen. Dafür ste-
       ergänzt liebevoll: „Es gibt nur einen Weg: deinen!“   hen verschiedene Räumlichkeiten zur Verfügung. Das
                                                             Kind entscheidet jedes Mal selbst, ob es mit anderen
       Kinder trauern anders                                 Kindern oder nur mit einem Mitarbeiter die Freispiel-
                                                             zeit verbringen möchte. Die Kinder werden achtsam
       Denn sie drücken ihre Gefühle spielerisch aus, to-    und wertschätzend in ihrem Sein reflektiert, und es
       ben, basteln, malen oder ziehen sich zurück. Sie      werden von den erwachsenen Begleitern keine Fragen
       können aber auch aggressiv sein oder sich ganz        gestellt. Um ein bewusstes Erinnern an die verstor-


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