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Wissen und Umwelt
Attraktiv für Insektenbestäubung:
der Schmetterlingsstrauch
Lebhaft,
in Bewegung,
schlau –
der neue Blick
auf das Pflanzenreich
von Rainer Städing
nser Blick auf das Pflanzenreich ist eher ein nach-
lässiger. Pflanzen sind geringerwertigere Lebewe-
Usen als Tiere, denen wir mittlerweile umfangreiche
Rechte als empfindsame Lebewesen zugestehen. Pflan-
zen bauen wir zwar an, um davon zu leben, aber von
„artgerechter Pflanzenhaltung“ ist selten die Rede. Wir
nutzen Pflanzen nicht nur, wir trampeln auch auf ihnen
herum, rauben ihnen ihren Lebensraum, vergiften und
bekämpfen sie. Gewiss bewundern wir auch die Schön-
heit von Pflanzen zum Beispiel im Garten oder in natur-
nahen Wald- und anderen Landschaften.
Pflanzen können sich nicht fortbewegen, sie haben keine
Organe und kein Gehirn, sie sprechen und sehen nicht –
kurz: sie entsprechen uns Menschen nicht sehr –, daher
können wir mit Tieren oft mehr anfangen. Allerdings
erkennen wir als Gesellschaft zunehmend, dass wir die
Bedeutung und die Fähigkeiten der Pflanzen nicht nur
unterschätzt haben, sondern dass sie auch die Grundlage Fotos: © Rainer Städing
unseres Lebens darstellen.
Die Evolutionsbiologin Lynn Margulis, bekannt für ihre
Forschungen zur Evolution durch Symbiosen, geht davon
aus, dass Pflanzen den Schritt aus dem Wasser an Land
nur schafften, weil sie sich schon früh mit Mykorrhizapil-
zen zusammentaten. Die gegenseitige Unterstützung von
Mykorrhiza und Pflanzen, zum Beispiel bei Waldbäumen,
ist heute gut erforscht. Die Vernetzung über das soge-
nannte Wood Wide Web ist vielleicht noch nicht ganz
entzaubert, aber der Austausch nicht nur von Nährstof-
fen und Wasser, sondern auch von Informationen scheint
belegt. Dabei agiert nicht ein einzelner Baum mit dem
Spezielle Konstruktion –
Samenkapsel der Akelei
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